„Ihr seid nicht allein!“

Marklohe. Vor wenigen Tagen begrüßte NFV-Kreisjugendobmann Stefan Dieckmann 45 Zuhörer bei der Auftaktveranstaltung zur Gewaltprävention im Markloher Herbert-Fisbeck-Heim. Eingeladen waren Vereinsvertreter aus dem Kreis Nienburg. Unterstützt wurde er vom Vorsitzenden des Qualifizierungsausschusses und stellvertretenden Kreisvorsitzenden Stefan Gilster. Der Nachbarkreis Diepholz war als Gast mit dessen Vorsitzenden Andreas Henze und der Vorsitzenden vom Kreisjugendausschuss, Daniela Müller, vertreten.

 

Das Thema Gewalt im Fußball ist kein angenehmes Thema. Viele Vereine fühlen sich nicht angesprochen, da sie derzeit kein Problem damit haben. Aber wie sieht es morgen aus? Werden Probleme rechtzeitig erkannt, bevor sie eskalieren? Leider ist der bundesweite Trend nicht positiv. Der Vortragsinhalt richtete sich nicht nur an den Jugendbereich sondern ist gleichbedeutend in allen Altersschichten.

 

„Wir haben eine Sportgerichtssitzung nach der anderen“, verkündete Nienburgs Vorsitzender Markus Schenke gleich zu Veranstaltungsbeginn. Passend zum Thema berichtete Stefan Dieckmann über einen Vorfall des letzten Wochenendes. Bei den E-Junioren wurde eine Schiedsrichterin von einem Trainer hart angegangen. „Nach diesem Vorfall, möchte ich nicht mehr pfeifen“, teilte die Unparteiische mit. Sehr bedauerlich, da gerade im Kreis Nienburg Referees fehlen. Ebenso sei bekannt, dass sich fußballfremde Jugendliche zu bestimmten Spielen der B-Junioren treffen, um dort „Stimmung“ zu machen. „Das hat mit Fußball nichts zu tun“, klagte Softwareentwickler und Ausbilder Dieckmann.

 

Das Problem der zunehmenden Gewalt im Fußball liegt schon im Erkennen und Bewerten der Situation. Nienburgs Jugendobmann führte durch den Vortrag und erklärte, dass wir uns alle schon sehr an Gewalt gewöhnt haben: „Gewalt ist in unserer Gesellschaft leider normal geworden und wird von uns verdrängt oder sogar ignoriert.“ Stefan Gilster lockerte den Vortrag mit Rollenspielen auf. Als Jugendpfleger der Stadt Nienburg besitzt er viel Erfahrung im Thema Gewaltprävention. So überraschte er Nurullah Kizildag von der SG Hoya, den er überraschend bat, vor der Versammlung Platz zu nehmen. Der Nienburger Lehrwart lobte das Engagement und den Werdegang des Jugendtrainers. Dies sorgte am Ende der Laudatio für viel Beifall. „Einfach mal jemanden loben, das kann auch deeskalierend wirken.“

 

Gewalt auf Sportplätzen kann viele Auswirkungen haben und die Bereitschaft zum Engagement senken: Weniger Ehrenamtliche, Trainer, Betreuer, Spieler, Schiedsrichter, Funktionäre…. Die Ursachen liegen oft im Verborgenen. Bei Jugendlichen können es schlechte Noten und Zukunftsängste sein, bei Erwachsenen unsicherer Arbeitsplatz oder finanzielle Sorgen. Manchmal fehlt einfach nur ein Ansprechpartner, der aufmerksam zuhört. Ansprechpartner beim NFV-Kreis Nienburg sind bei Bedarf gerne Stefan Dieckmann und Stefan Gilster.

 

Als mögliche Instrumente der Prävention zählte Stefan Diekmann Elternabende/Mannschaftssitzungen, Organisation von Veranstaltungen außerhalb des Fußballs, teambildende Maßnahmen, Vorträge von externen Referenten oder auch mal unangenehme Entscheidungen treffen auf. In diesem Kontext stellte sich der neue Jugendkontaktbeamte der Polizei Nienburg/Schaumburg vor, Daniel Baziuk. Als präventive Maßnahme kann seine Anwesenheit bei zu erwartenden Konfliktspielen oder in deren Vorfeld genutzt werden und Gewaltvermeidung zur Folge haben.

 

Am Ende stellte Nienburgs Kreisvorsitzender Markus Schenke das NFV-Pilotprojekt „Stopp – 5 Minuten Pause“ vor. Die Schiedsrichter können die Partien mit bis zu zwei Spielunterbrechungen von jeweils fünf Minuten gezielt pausieren lassen, um auf wiederholt aggressive Spielsituationen zu reagieren. Mit dieser konkreten Handlungsanweisung soll Spielraum für die Unparteiischen geschaffen werden, um das Spielgeschehen zu beruhigen und - im Ausnahmefall - einen Spielabbruch zu vermeiden. Nienburg ist einer von vier Kreisen, der an dem Projekt teilnimmt.

 

„Ihr seid nicht allein! Holt Euch Hilfe bei uns. Lasst uns Freude am Fußball haben und nicht Sportgerichtsprozesse zählen“, appellierte Stefan Gilster abschließend.

 

Eine weitere Veranstaltung für den Südkreis findet am Donnerstag, den 25. Januar um 18 Uhr in Rehburg am Sportplatz statt.

 

Statement Stefan Gilster: „Es ist phänomenal, dass bereits zur Auftaktveranstaltung 45 Gäste kamen. Ebenso viele Anmeldungen gibt es für die Veranstaltung in Rehburg. Das hätte ich nicht erwartet. Der Spielplatz - wie früher - funktioniert nicht mehr. Wir müssen das kompensieren und uns durch neue Trainingsmethoden umstellen. Wir wollen das Rad nicht neu erfinden, aber wir müssen neue Elemente ins Training einbauen. Ich bleibe bei meiner Aussage, dass man zum Beispiel eine A-Jugend heute nicht mehr alleine trainieren kann. Jugendmannschaften sollten immer zu zweit besetzt sein. Diese Notwendigkeit hat sich in den letzten Jahren ergeben. Es wird uns zukünftig zunehmend erwarten, dass der Fußball eine Aggressionsfläche wird. Spannungen werden uns auch zukünftig bei Training und Spiel begleiten. Mit der Präventionsveranstaltung haben wir einen Impuls gesetzt. Die Rückmeldungen hierzu waren überwiegend positiv.“

 

Statement Stefan Dieckmann: „Ich bin sehr positiv von der Veranstaltung überrascht. Sie war ein voller Erfolg. Ich beobachtete, wie der ein und andere die Augenbrauen hochriss und nachdenklich wurde. Auf die zweite Veranstaltung freue ich mich schon sehr.“


Autor: Jens Lucenz